Schmelzender Eisberg im Wasser als Symbol für die Klimastrategie
17.04.2024

Schritt für Schritt zur Net Zero: So entwickeln Sie eine Klimastrategie für Ihr Unternehmen

Die Klimastrategie für Ihr Unternehmen steht an. Aber wie anfangen – und wo? Lesen Sie in diesem Beitrag, wie Sie Schritt für Schritt eine passende Strategie zur gezielten Dekarbonisierung entwickeln!

Nachhaltigkeit ist in den vergangenen Jahren stärker in den Fokus von Gesellschaft, Politik und Wirtschaft gerückt. Mit dem Pariser Klimaabkommen, dem European Green Deal und seinen verschiedenen Umsetzungsstrategien wie CBAM, EU-Klimagesetz, CSRD oder CSDDD gibt es eine ganze Bandbreite von Zielen, Vorgaben und Richtlinien auch zum Klimaschutz. Trotzdem werden Warnungen laut, dass der aktuelle Kurs nicht ausreicht und dass wir die 1,5°-Marke schneller als befürchtet knacken.

Also lieber den Kopf in den Sand stecken, weil es ja eh nichts bringt? Nein – umso wichtiger ist es jetzt, dass alle mit anpacken. Besonders Unternehmen stehen hier in der Verantwortung. Nur: Wie und wo anfangen? Hier ist eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zum Entwickeln einer Dekarbonisierungsstrategie für Ihr Unternehmen!

1. Herausforderung anerkennen: Die Klimastrategie mit der richtigen Motivation angehen

55 % der befragten deutschen Führungskräfte einer Capgemini-Studie gaben an: In den nächsten zehn Jahren wird der Klimawandel die größten Herausforderungen für das Geschäftsmodell bringen. Der Klimawandel steht nicht mehr nur vor der Tür – er steht schon mit beiden Beinen im Hausflur. Bei den ersten Unternehmen ist er sogar schon im Wohnzimmer angekommen und zerschlägt das feine Porzellan in der Vitrine. Denn der Klimawandel wirkt sich längst auf erste Lieferketten und Geschäftsmodelle aus. Die Herausforderung ist also klar: Strategien und Pläne erarbeiten, um die Emissionen des eigenen Unternehmens zu senken.

Wir bei VERSO finden es wichtig, nicht nur die Herausforderung anzuerkennen – sondern auch die richtige Motivation zu finden, um fokussiert loszulegen und hartnäckig dranzubleiben. Deshalb eine Frage an Sie:

Was ist Ihre Motivation hinter dem Entwickeln einer Klimastrategie? 

Vielleicht ist es bei Ihnen ganz klassisch der regulatorische Druck. Zum Beispiel, weil Sie durch die CSRD zum Offenlegen Ihrer Klimastrategie verpflichtet sind. Vielleicht liegt Ihnen die Sache aber auch unabhängig von Gesetzen am Herzen – weil Sie die Vorteile einer Klimastrategie erkannt haben oder Ihr Unternehmen zukunftssicher machen wollen. Möglicherweise möchten Sie sich auch gegen steigende Kosten durch CBAM und den EU-Emissionshandel wappnen, der wachsenden Nachfrage nach nachhaltigen Produkten begegnen oder Ihr Employer Branding stärken.

Was es auch ist: Eine klare Motivation bringt Commitment im gesamten Unternehmen und sorgt dafür, dass Ihr Dekarbonisierungsplan nicht nur an trockenen Zahlen ausgerichtet ist.

2. CO₂-Bilanz oder THG-Bilanz erstellen: Die Basis Ihrer Klimastrategie

Ganz ohne trockene Zahlen geht es aber nicht. Ist das Commitment geklärt, legen wir im zweiten Schritt das Fundament für Ihre Dekarbonisierungsstrategie. Dafür braucht es zunächst eine Bestandsaufnahme in Form einer CO₂-Bilanz. Orientierung bietet Ihnen dabei das Greenhouse Gas Protocol (GHG Protocol). Das ist der am weitesten verbreitete Standard für die Bilanzierung von Treibhausgasemissionen.

Wichtig beim Ermitteln Ihrer Emissionen: Gehen Sie wirklich in die Tiefe und holen Sie so viele Daten wie möglich ein – aus so vielen Quellen wie möglich!

Wie ist Ihr Unternehmen strukturiert? Welche Emissionsquellen gibt es in Ihrem Unternehmen? Welche dieser Quellen sind echte Emissions-Hotspots? Wie viele Emissionen entstehen jährlich? Arbeiten Sie sich Schritt für Schritt durch Ihre Prozesse, Produkte und Tätigkeiten – bis in Scope 3 hinein. Denn auch wenn für Scope 1 und Scope 2 die Datensammlung leichter fällt: Scope-3-Emissionen aus der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette machen bis zu 80 % der Gesamtemissionen eines Unternehmens aus! Tools wie unser Climate Hub und Supply Chain Hub erleichtern Ihnen das genaue, übersichtliche Erfassen aller Klimadaten.

Überblick zu den einzelnen Scopes: Scope 1 umfasst direkte Emissionen eines Unternehmens, Scope 2 umfasst indirekte Emissionen eines Unternehmens und Scope 3 umfasst alle Emissionen, die in der Wertschöpfungskette eines Unternehmens entstehen.

Übrigens: Wer es noch genauer wissen möchte, kann sämtliche Treibhausgasemissionen seines Unternehmens bilanzieren. Eine vollständige THG-Bilanz erfasst neben CO₂ sechs weitere Gase mit Treibhausgaspotenzial – darunter z.B. Methan und Lachgas.

3. Ziele für die Dekarbonisierungsstrategie vorgeben

Der Status quo ist abgehakt. Jetzt kann die Reise losgehen. Aber – wohin eigentlich? Legen Sie im nächsten Schritt eindeutige Klimaziele für Ihr Unternehmen fest. Am besten natürlich in SMARTer Form:

  • Spezifisch
  • Messbar
  • Ambitioniert
  • Realistisch
  • Terminiert

Binden Sie hier unbedingt Stakeholder Ihres Unternehmens ein – denn Ziele über die Köpfe der Mitarbeitenden hinweg festzulegen, die diese am Ende umsetzen müssen, kann schnell nach hinten losgehen.

Hier eine kleine Checkliste für die Ziele Ihrer Klimastrategie:

  • Unsere Klimaziele sind wissenschaftsbasiert (Unterstützung bieten z.B. die Sektor-Leitfäden der SBTi)
  • Unsere Klimaziele unterstützen das 1,5°-Ziel des Pariser Klimaabkommens
  • Wir haben ein Ausgangsjahr festgelegt, um unsere Fortschritte abzugleichen
  • Wir haben einen klaren zeitlichen Rahmen für unsere Klimaziele vereinbart

Unterscheiden Sie beim Planen Ihrer Reduktionsziele außerdem nach:

  • Langfristigen Klimazielen, die mit tiefgreifenden strukturellen Veränderungen in Ihrem Unternehmen einhergehen
  • Kurzfristigen Klimazielen, mit denen Ihr Unternehmen schnell erste Erfolge erzielt
  • Absoluten Klimazielen; d.h. quantitative Ziele, die bis Zeitpunkt X erreicht werden
  • Relativen Klimazielen; d.h. die CO₂-Reduktion abhängig von Kennzahlen wie Mitarbeitendenzahl oder Produktionszahlen

4. Maßnahmen zur Umsetzung der Klimastrategie planen

Sie kennen Emissionen und Klima-Hotspots Ihres Unternehmens und haben sich klare Dekarbonisierungsziele gesetzt. Ziele allein bremsen den Klimawandel aber leider nicht aus. Also geht’s in Schritt 4 an die Strategieplanung, damit Sie ins Handeln kommen.

Vier Tipps dazu von unserer Seite:

  1. Beziehen Sie hier wieder wichtige Stakeholder ein, um möglichst viele Ansätze und Hebel zu finden.
  2. Auch externe Consultants sind eine Überlegung wert – so decken Sie noch das ein oder andere versteckte Potenzial zur Emissionsreduktion auf.
  3. Achten Sie darauf, dass die Maßnahmen machbar sind. Niemandem ist geholfen, wenn Sie ambitionierte Ziele und radikale Maßnahmen erarbeiten, die dann aber leider nicht mit der Realität vereinbar sind.
  4. Verschaffen Sie sich ein Bild der Reifegrade Ihrer Stakeholder. Ein Beispiel: Um die Klimaziele in der Supply Chain zu erreichen, sollen die Lieferanten zu 100 % mit erneuerbaren Energien produzieren. Lieferant A hat Nachhaltigkeit schon lange auf der Agenda stehen und erfüllt diese Voraussetzung mit links. Lieferant B hatte mit Nachhaltigkeit bislang nicht viel am Hut, will den Umstieg aber schaffen – hier kann Ihr Unternehmen mit Schulungen oder Unterstützung helfen.

Ist Ihre Beschaffung bereit für die ESG-Anforderungen?

Bereiten Sie sich mit dieser Checkliste optimal auf alle neuen Anforderungen vor!

5. Emissionen reduzieren

Richtig geplant, sollte Ihre Klimastrategie wie ein Kreislauf funktionieren: Nach der ersten Bestandsaufnahme mit Zielsetzung und Maßnahmenplanung folgt eine „Arbeitsphase“, in der Sie Ihre Maßnahmen wirken lassen und Ihre Ziele verfolgen. Nach einem Jahr ziehen Sie Bilanz und passen Ihre Strategie an, um noch ein bisschen mehr Effizienz herauszuholen.

Hier gilt: Gut Ding will Weile haben. Soll die Dekarbonisierungsstrategie echten Impact schaffen, kann sie in großen Unternehmen mit umfangreichen Prozessen und Lieferketten auch schon mal zehn Jahre oder länger laufen!

6. Unvermeidbare Emissionen ausgleichen

Seien wir ehrlich – CO₂-Kompensation ist ein Streitthema. Die einen befürworten es, die anderen sehen darin Greenwashing. Grundsätzlich sollte die Kompensation wirklich nur dann eine Option darstellen, wenn Sie sämtliche Potenziale zur Emissionsminderung vollständig ausgeschöpft haben. Entscheiden Sie sich im Rahmen Ihrer Klimastrategie für den Ausgleich nicht-vermeidbarer Emissionen, möchten wir Ihnen einen wichtigen Tipp mitgeben: Greifen Sie auf seriöse Kompensationsprojekte zurück, die

  1. auf Ihr Unternehmen abgestimmt sind und
  2. deren Wirkung messbar ist.

Der freiwillige Kohlenstoffmarkt (Voluntary Carbon Market) wird bisher nicht staatlich reguliert und ist ziemlich intransparent. Statt rechtlich verbindlicher Kriterien zur Validierung von CO₂-Ausgleich gibt es nur eine Reihe privater Standards und Register mit unterschiedlichen Qualitätskriterien. Die Folge: Große Qualitätsunterschiede innerhalb der Klimaschutzprojekte, die den sogenannten CO₂-Gutschriften zugrunde liegen. Schauen Sie also genau hin.

Besonders gegen die Kompensation durch Waldprojekte und Wiederaufforstung klagte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) bereits mehrfach erfolgreich (und öffentlichkeitswirksam!), etwa weil die veranschlagte Waldfläche die ausgestoßene CO₂-Menge gar nicht ausgleichen konnte oder das Projekt nicht lang genug lief, um mit der Lebensdauer von CO₂ in der Atmosphäre mitzuhalten.

7. Klimastrategie optimieren – und gerne kommunizieren!

Eben hatten wir es schon kurz angeschnitten: Die Dekarbonisierungsstrategie ist kein Einmalprojekt. Ist sie einmal ins Rollen gekommen, läuft sie viele, viele Jahre. Schließlich haben wir mit dem Klimawandel noch einiges vor uns. Und in diesen Jahren kann viel passieren.

Überprüfen Sie regelmäßig den Fortschritt. Was läuft nach Plan, wo hakt es, wo tut sich gar nichts? Gleichen Sie ab, ob Sie Ihre Ziele im vereinbarten Zeitrahmen erreichen werden. Sprechen Sie mit Ihren Stakeholdern, wo noch Potenziale bestehen. Und bewerten Sie bitte ehrlich, ob Ihre aktuelle Strategie tatsächlich auch dem Stakeholder etwas nützt, an dem letzten Endes alles hängt: der Natur!

Last but not least: Fehler gehören dazu – genauso wie das Feiern von Erfolgen. Kommunizieren Sie Ihre Fortschritte, aber geben Sie auch offen zu, wo Sie sich vielleicht verschätzt haben. Zeigen Sie, was Ihr Unternehmen erreichen will, wo Sie nachbessern wollen. Transparenz, Ehrlichkeit und Commitment sind die Treiber der Nachhaltigen Transformation!

Finden wir Ihren Weg in Richtung Net Zero

Neben der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist das Planen und Umsetzen der Klimastrategie eines der aufwendigsten To-dos. In die Berechnung des CO₂-Fußabdrucks fließen mitunter tausende Datenpunkte und Emissionsfaktoren aus der gesamten Wertschöpfungskette ein.

Viele davon stehen Ihnen nicht direkt zur Verfügung und müssen erst einmal eingeholt werden. Wer die Kalkulation korrekt (d.h. im Einklang mit internationalen Standards wie dem GHG Protocol) durchführen will, braucht Durchblick und Durchhaltevermögen. Und dann sind da noch Zweifel wie: Sind unsere Klimaziele überhaupt sinnvoll? Bewirken unsere Maßnahmen was? Darf ich diesen und jenen Meilenstein für unser Produkt jetzt so kommunizieren, oder hagelt es dann Greenwashing-Vorwürfe? 

Ihr Überblick zur neuen Green Claims Directive

Neue Pflichten für alle, die mit Begriffen wie „klimaneutral“ werben: Die Anti-Greenwashing-Richtlinie setzt Schranken. Was Sie jetzt wissen sollten.

Gerade die erste Klimastrategie ist eine echte Herausforderung. VERSO hilft Ihnen, reinzukommen – und Ihren Dekarbonisierungsplan langfristig sicher umzusetzen. Interessiert? Dann schauen Sie sich gern an, wie wir Sie bei Ihrer Klimastrategie unterstützen:

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